Wie der Name schon verrät, gehören die Neu- und Altweltkameliden zur Familie der Kamele. Während die Altweltkameliden (einhöckriges Dromedar, zweihöckriges Trampeltier, Baktriansches Kamel) hauptsächlich in Afrika und Asien verbreitet sind, erstreckt sich der Lebensraum der Neuweltkameliden auf Südamerika. Dort leben die Tiere bevorzugt im Westen und Süden des Kontinents (Anden, Patagonien). Die Gattung der Neuweltkameliden umfasst die zwei Wildformen des Guanakos und des Vikunjas. Die Haustierformen des Alpakas und Lamas stammen vom Guanako ab. Alpakas sowie Lamas gehören zur Gruppe der Pflanzenfresser und ernähren sich ganzjährig von Heu und Wiese.
Alpaka und Lama: Die Ernährungsphysiologie und das Vormagensystem
Alpakas und Lamas sind, obwohl sie oft mit Wiederkäuern verglichen werden, nur entfernt verwandt mit dieser Gruppe. Dennoch haben sie wie Rinder, Schafe und Ziegen ein Vormagensystem. Bei den Kameliden wird das Magensystem in drei Kompartimentes (C-1, C-2 und C-3) eingeteilt.
Die grob vorgekaute und eingespeichelte Nahrung gelangt über die Speiseröhre in das C-1 Kompartiment, welches 80% des Gesamtvolumens des Magens ausmacht. Dort wird die Nahrung in einer Symbiose mit Bakterien, Einzellern und Pilzen fermentiert. Der feste Nahrungsbestandteil verweilt durchschnittlich bis zu 63 Stunden in C-1. In dieser Zeit findet auch das Wiederkäuen statt, denn die noch festeren Nahrungsbestandteile werden zum Eingang der Speiseröhre und dann in die Mundhöhle befördert. Dort werden sie erneut eingespeichelt und gekaut.
Im C-2 Kompartiment wird der Nahrungsbrei durch neutralisierende Verbindungen und Enzyme weiter aufgespalten, während in C-3 stickstoffhaltige Substanzen, Wasser und Proteine aufgenommen werden. Dieser enorm langwierige Verdauungsprozess sorgt dafür, dass alle wichtigen Futterbestandteile optimal verwertet werden können.
Alpaka-/Lamafütterung durch strukturreiches Heu
Alpakas und Lamas sind aufgrund der Umweltbedingungen in ihren Heimatländern an rohfaserreiche und vergleichsweise energiearme Futtermittel gewöhnt. Deshalb ist auch hier im Normalfall auf eine strukturreiche sowie kohlenhydrat- und proteinarme Fütterung zu achten. Das heißt, Futtermittel, die leicht zu verdauen sind, eignen sich eher weniger für die Ernährung der Neuweltkameliden, da dies nicht ihrer Ernährungsphysiologie mit der aufwendigen Verdauungsarbeit entspricht. Strukturreiche Hauptnahrungsmittel sind vorwiegend hochwertiges Heu und anteilig Gras. Besonders die Rohfasern können die Gesundheit des Vormagensystems aufrechterhalten, weswegen auch im Sommer trotz Weide genügend Heu zur Verfügung stehen sollte.
Im Sommer stehen die Tiere am geeignetsten auf dem Weideland. Da die Kameliden feinfaseriges Futter benötigen, können hier mageres Futtergras oder eine typische Weide mit Gräsern für die Pferdehaltung besonders ideal sein. Auch der Zugang zu frischem und sauberem Wasser sollte gewährleistet sein. Darüber hinaus sollten die Futterstellen weitgehend trocken und nicht verunreinigt sein sowie rund um die Uhr über geeignetes Futter, idealerweise Heu, verfügen. Letzteres ist essenziell, damit der Verdauungstrakt der Kameliden immer in Bewegung bleiben und die Verwertung des vielseitigen Nährstoffangebots gewährleistet werden kann.
Im Allgemeinen ist das Ziel eine ausgewogene Fütterung, welche die Tiere in stofflicher und energetischer Sicht vollwertig versorgt, sicherzustellen. Ein erhöhter Bedarf an proteinreicher Ernährung kann in Phasen des Wachstums, der Trächtigkeit, der Laktation oder bei Deckhengsten bestehen. Auf die Fütterung mit Obst oder Brot sollte verzichtet werden, da ersteres eine große Menge Zucker enthält und zweites im Magen stark aufquillt. Fertige Müslis auf Getreidebasis, die meist aus der Pferdefütterung bekannt sind, eignen sich ebenfalls nur bedingt für die Ernährung der Neuweltkameliden.
Neuweltkameliden: Zufütterung von Spurenelementen und Mineralisierung
Die Umweltbedingungen in den Herkunftsländern der Tiere bieten nicht nur sehr rohfaserige Weidenbestandteile, sondern einen hohen Anteil an lebensnotwendigen Mineralstoffen und Spurenelementen wie Zink, Selen oder Mangan. Da diese Bedingungen in den europäischen Breitengraden nicht vollständig erfüllt werden, können die folgenden vier Punkte die Grundsteine einer wertvollen Fütterung darstellen:
- Ständige und frische Wasserversorgung
- Ausreichende Menge an strukturreichen Rohfasern (z.B. Heu)
- Anteiliges Eiweiß- und Energieangebot
- Hochwertige Mineralisierung, die den Bedarf an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen (z.B. Zink, Selen, Mangan) deckt.
Ist die Versorgung an Spurenelementen auch bei einer artgerechten und gesunden Fütterung nicht ausreichend gewährleistet, können sich Mangelerscheinungen einstellen. Ein fütterungsbedingter Zinkmangel kann sich zum Beispiel durch auftretende Hautveränderungen, schlechtere Vliesqualität und einen Gewichtsverlust durch verminderte Fresslust zeigen. Dies kann sich auf die Verhornung der Epithelien einschließlich der Schleimhautepithelien zurückführen lassen. Diesen Erscheinungen kann durch die Zugabe des Spurenelements entgegengewirkt werden. Im selben Zug kann sich Zink positiv auf das intakte Immunsystem sowie auf Horn und Haut auswirken.
Auch ein fütterungsbedingter Selenmangel kann ein Häufiges sein. Eine ausreichende Zugabe ist jedoch von Bedeutung, da das Spurenelement den gesunden Muskelstoffwechsel fördert und die Schilddrüsenfunktion regulieren kann.
Kommt es zu einem fütterungsbedingten Manganmangel, kann sich dieser durch Fruchtbarkeits- und Wachstumsstörungen aufgrund mangelnder Ausbildung der Knochenmatrix bemerkbar machen. Grund dafür ist Funktion des Spurenelements, welches aktiv an verschiedenen Stoffwechselprozessen beteiligt ist und die Struktur sowie Stabilität des Knochengerüsts unterstützen kann.
Alpaka- und Lamahaltung: Das ist zu beachten
Bei der Haltung von Neuweltkameliden ist zu beachten, dass für zwei ausgewachsene Tiere eine Weide mit 1000 m2 gesetzlich vorgeschrieben ist. 100 m2 Weidenfläche kommen für jedes weitere Tier hinzu. Für eine größere Herde mit circa 30 bis 40 Tieren kann es sinnvoll sein, mehrere Parzellen einzurichten. Zusätzlich können den Tieren Bäume oder Sträucher zum Knabbern zur Verfügung gestellt werden.
Hierbei sollte beachtet werden, dass jedoch viele Pflanzen für Alpakas und Lamas giftig sind. Dazu gehören: Efeu, Eibe, Kirschlorbeer, Bittermandel, Sadebaum, Eisenhut, Schwarzer Nachtschatten, Weißer Germer, Goldregen, Herbstzeitlose, Pfaffenhütchen, Lebensbaum (Thuja), Oleander, Rhododendron, Sauerschotenbaum, Stechapfel und Japanischer Schnurbaum.
Das bekannte Spucken der Alpakas und Lamas hat im Allgemeinen nichts mit der Ernährung oder der Verdauung zu tun. Sie können dies nutzen, um ihren Unmut gegenüber anderen Artgenossen auszudrücken. Weiter ist es eine Verteidigungsstrategie sowie eine Möglichkeit, die Rangordnung in der Herde klären zu können. Grundsätzlich sind Neuweltkameliden friedliche und gesellige Tiere, die innerhalb der Herde gut miteinander auskommen und gegenseitig auf sich Acht geben. Eine Einzel- oder Paarhaltung ist daher nicht gerecht. Eine Herde sollte mindestens aus drei Tieren bestehen.